I. Einleitung
Die Hinterziehung
der Energiesteuer (frŸher: Mineralšlsteuer) ist seit einigen Jahren
verstŠrkt in den Fokus der Ermittlungsbehšrden gerŸckt. Derzeit ermitteln Zoll
und Staatsanwaltschaften verstŠrkt und europaweit wegen der Hinterziehung
von Energiesteuern. Den einschlŠgigen FŠllen liegen teilweise sehr hohe
HinterziehungsbetrŠge zugrunde, wenn etwa Energiesteuer fŸr ganze
Schiffsladungen …l hinterzogen wird.
Hintergrund in vielen FŠllen ist die missbrŠuchliche Verwendung bzw.
Falschdeklarierung von Schmier- oder Formenšlen, was dazu fŸhrt, dass bei
Einfuhr bzw. Abgabe des …ls gar keine oder eine zu geringe Steuer erhoben wird,
obwohl das Energieerzeugnis einem gŠnzlich anderen Steuertarif unterfŠllt, da
es sich beispielsweise um Gas- oder Heizšl handelt.
Neben der Tabaksteuerhinterziehung
stellt die zweckwidrige Verwendung von Energieerzeugnissen, die sich unter
Anwendung eines ermЧigten Steuersatzes im freien Verkehr (¤¤ 20 ff.
EnergieStG) oder die sich in einem Verfahren der steuerfreien Verwendung
befinden (¤¤ 24 ff. EnergieStG), die hŠufigste Form der
Verbrauchsteuerhinterziehung dar. Daneben wird Energiesteuer dadurch
hinterzogen, dass entweder steuerpflichtige Energieerzeugnisse in das Steuergebiet
verbracht (¤ 15 EnergieStG) und nicht als solche deklariert werden oder zwar
(rechtmЧig) steuerfrei verbracht werden, aber unter Nichtanzeige beim
zustŠndigen Hauptzollamt und Nichtabgabe einer SteuererklŠrung im Steuergebiet
erstmals als Kraft- oder Heizstoff abgegeben werden (¤ 23 EnergieStG).
II. Besonderheiten bei der Energiesteuer
Die Steuer entsteht fŸr Energieerzeugnisse, die
eine zugelassene Kennzeichnung (Heizšlkennzeichnung) enthalten und als
Kraftstoff bereitgehalten, abgegeben, mitgefŸhrt oder verwendet werden. Gekennzeichnete
Energieerzeugnisse dŸrfen grundsŠtzlich nicht als Kraftstoff bereitgehalten,
abgegeben, mitgefŸhrt oder verwendet werden.
Das Heizšl wird bereitgehalten, wenn der darŸber
VerfŸgungsberechtigte jederzeit und ohne grš§eren Aufwand in der Lage ist, das
Mineralšl der verbotenen Zweckbestimmung zuzufŸhren. Der Inhalt eines
Heizšltanks unterfŠllt der Besteuerung, wenn er zumindest auch fŸr das Betanken
von Kraftfahrzeugen genutzt wurde.
Der Handlungswille muss sich auf eine VerfŸgung
Ÿber den Kraftstoff in Deutschland beziehen.
Ein Vermischen von gekennzeichneten
Energieerzeugnissen mit anderen Energieerzeugnissen ist grundsŠtzlich verboten.
Die Kennzeichnungsstoffe dŸrfen nicht entfernt oder in ihrer Wirksamkeit
beeintrŠchtigt werden (¤ 46 Abs. 1 EnergieStV, ¤ 21
EnergieStG). Ausnahmen finden sich in den ¤¤ 47, 48 und 49 EnergieStV.
Bei Zuwiderhandlung entsteht die Steuer nach ¤ 21 EnergieStG in der Hšhe des
Steuersatzes nach ¤ 2 Abs. 1 EnergieStG. Nicht berŸcksichtigt werden der
bereits entrichtete Steuerbetrag zum abweichenden Steuersatz, da eine
Doppelbesteuerung beabsichtigt ist.
Neben der ErfŸllung des Šu§eren Tatbestandes ist
eine innere Vorstellung, das Heizšl als Kraftstoff zu besitzen, einzusetzen
oder zu verwenden, erforderlich.
Steuerschuldner ist, wer eine der genannten
Handlungen vornimmt. Mehrere Steuerschuldner sind Gesamtschuldner (¤ 21
EnergieStG).
Das Energiesteuerrecht kennt zahlreiche
Steuerbefreiungen fŸr Verwendungen und die Verteilung von Energieerzeugnissen
(¤¤ 24 ff. EnergieStG). Die Energiesteuer entsteht, wenn Energieerzeugnisse
entgegen der Erlaubnis verwendet oder abgegeben, nicht in den Betrieb
aufgenommen oder ihr Verbleib nicht festgestellt werden kann. TŠter fŸr die
zweckwidrige Verwendung kann jedermann sein, also auch derjenige, der die
Energieerzeugnisse stehlen oder unterschlagen mšchte. Steuerbefreite
Energieerzeugnisse dŸrfen nur an den Erlaubnisinhaber und nur zu den erlaubten
Zwecken abgegeben werden. Nach ¤ 30 Abs. 1 EnergieStG entsteht die Energiesteuer,
wenn Energieerzeugnisse entgegen der in der Erlaubnis genannten Zweckbestimmung
verwendet oder abgegeben werden. Das ist auch in den FŠllen zu sehen, in denen
das Energieerzeugnis an einen Nichtberechtigten abgegeben wurde, der zumindest
den mittelbaren Besitz an den Energieerzeugnissen erlangt hat. Die Steuer
entsteht auch, wenn jemand ohne Erlaubnis Energieerzeugnisse zweckgerecht
verwendet. Gibt der Erlaubnisinhaber die Energieerzeugnisse an einen
Nichtberechtigten ab, wird auch der Nichtberechtigte Steuerschuldner. Folge der
Steuerschuldnerschaft ist die Verpflichtung,
unverzŸglich eine Steueranmeldung fŸr die sofort fŠllige Energiesteuer
abzugeben.
Die Verbrauchsteuerhinterziehung durch zweckwidrige
Verwendung eines Energieerzeugnisses ist in dem Zeitpunkt vollendet, in dem der
TŠter die Anzeige gem. ¤ 153 Abs. 2 AO (Anzeigepflicht fŸr den Fall, wenn die
Voraussetzungen fŸr eine Steuerbefreiung, SteuerermЧigung oder sonstige
SteuervergŸnstigung nachtrŠglich ganz oder teilweise wegfallen) nicht abgegeben
hat. Kannte der TŠter die gesetzliche Pflicht nicht, vollendet er die
Verbrauchsteuerhinterziehung durch zweckwidrige Verwendung spŠtestens in dem
Zeitpunkt, in dem er nicht unverzŸglich eine Steueranmeldung fŸr das
zweckwidrig verwendete Energieerzeugnis bei dem Hauptzollamt abgibt.
Es gibt nach dem Energiesteuergesetz auch fŸr
Energieerzeugnisse Steuerentlastungen ¤ 46 ff. EnergieStG. Die Steuerentlastung
ist in ¤ 45 EnergieStG definiert und umfasst den Erlass, die Erstattung und die
VergŸtung einer entstandenen Energiesteuer.
Die Steuerhinterziehung kann auch hinsichtlich
einer Steuerentlastung begangen werden, denn hierbei handelt es sich um einen
Steuervorteil im Sinne des ¤ 370 Abs. 4 AO. Die Erlangung von nicht
gerechtfertigten Steuervorteilen ist neben dem HerbeifŸhren einer SteuerverkŸrzung
einer der beiden in ¤ 370 Abs. 1 AO genannten Taterfolge.
FŸr die Steuerentlastung ist eine Erlaubnis von
Nšten. Ein strafbarer Versuch liegt beim Erschleichen einer Steuerentlastung
vor, wenn der TŠter alles nach seiner Meinung Erforderliche getan hat, um die
unrichtige Steueranmeldung an das Hauptzollamt zu Ÿbermitteln. Auch nach dem
Eingang des Antrags beim Hauptzollamt bleibt die Tat zunŠchst im
Versuchsstadium. Der Erfolg des zu Unrecht erlangten Steuervorteils tritt erst
ein, wenn die Steuer festgesetzt wurde oder wenn ein Steuerverwaltungsakt
bekannt gegeben worden ist, also erst durch nach au§en gerichtetes Handeln der
Behšrde.
1. Heizšlverdieselung
Schweres Mineralšl, welches zum Verheizen bestimmt
ist, wird gekennzeichnet und unterliegt gemЧ ¤ 2 Abs. 3 EnergieStG einem
ermЧigten Steuersatz. Die Energiesteuer entsteht, wenn gekennzeichnete
Energieerzeugnisse (Heizšl) als Kraftstoff bereitgehalten, abgegeben,
mitgefŸhrt oder verwendet werden. Dabei ist gemЧ ¤ 21 EnergieStG unverzŸglich
eine Steueranmeldung abzugeben. UnterlŠsst der TŠter dies, lŠsst er die
Finanzbehšrde pflichtwidrig Ÿber steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis
und macht sich gemЧ ¤ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen Steuerhinterziehung (hier:
Verbrauchsteuerhinterziehung) strafbar. Demnach liegt insbesondere eine
Steuerhinterziehung vor, wenn der TŠter zum Verheizen bestimmtes
gekennzeichnetes Heizšl als Kraftstoff verwendet.
Die Steuer nach ¤ 21 EnergieStG entsteht schon bei
Bereithalten von Energieerzeugnissen, die zugelassene Kennzeichnungsstoffe
enthalten und als Kraftstoffe bereitgehalten werden. Heizšl wird dann als
Kraftstoff bereitgehalten, wenn der darŸber VerfŸgungsberechtigte jederzeit und
ohne grš§eren Aufwand in der Lage ist, das Mineralšl der verbotenen
Zweckbestimmung zuzufŸhren (BFH, Urt. v. 22.09.1992 – VII R 82/90). Die
Entstehung der Steuerschuld scheidet jedoch aus, wenn in Deutschland
gekennzeichnetes Heizšl in Deutschland weder als Kraftstoff bereitgehalten noch
mit sich gefŸhrt wurde, sondern in das Ausland befšrdert und dort
bereitgehalten und zum Tanken verwendet wurde. Denn der (Tat)-Handlungswille
muss sich auf eine VerfŸgung Ÿber das Heizšl als Kraftstoff in Deutschland
beziehen (FG MŸnchen, Urt. v. 06.05.2002 – 3 K 4026/99).
2. Tankfahrten
Nach ¤ 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EnergieStG sind
Kraftstoffe, die eine Privatperson fŸr ihren Bedarf in einem anderen
Mitgliedstaat im freien Verkehr erwirbt und selbst in das Steuergebiet
befšrdert, nur dann steuerfrei, wenn sie im HauptbehŠlter des Fahrzeugs oder
dem ReservebehŠlter bis zu einer Gesamtmenge von 20 Litern befšrdert werden.
Sollte Mineralšl nicht im HauptbehŠlter oder dem
ReservebehŠlter befšrdert werden, so stellt dies eine atypische Vorgehensweise dar
und ist steuerpflichtig (FG MŸnchen, Urt. v. 15.03.2007 – 14 K 3282/05).
Liegen die Voraussetzungen fŸr ein privates
Verbringen, welches steuerfrei ist, nicht vor, so entsteht die Steuer gemЧ ¤
15 EnergieStG, da von einem Verbringen zu gewerblichen Zwecken auszugehen ist.
III. Sonderregelungen bei †berfŸhrung aus einem
anderen Mitgliedstaat
Durch die Verwirklichung des Binnenmarkts und den
Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen zum 01.01.1993 bedurfte es
spezieller Regelungen zur Verwirklichung des Bestimmungslandprinzips. Deshalb
gibt es fŸr den Bezug und Besitz zu gewerblichen Zwecken, den Versandhandel,
den Erwerb durch Privatpersonen sowie die Befšrderung von
verbrauchsteuerpflichtigen Waren des steuerrechtlich freien Verkehrs anderer
Mitgliedstaaten Sonderregelungen.
In den einzelnen Verbrauchsteuergesetzen ist
vorgesehen, dass die Verbrauchsteuer entsteht, wenn die
verbrauchsteuerpflichtige Ware aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines
anderen Mitgliedstaates bezogen und erstmals im Steuergebiet in Besitz gehalten
oder verwendet wird (vgl. ¤ 15 EnergieStG – wobei hier von ãVerbringenÒ
gesprochen wird). Ob es sich um steuerrechtlich freien Verkehr eines anderen
Mitgliedstaates handelt, bestimmt sich dabei nach den gesetzlichen Regelungen
dieses Staates. Dabei kann jedoch grundsŠtzlich der Schluss gezogen werden,
dass, wenn die Ware nicht unter Steueraussetzung in das Steuergebiet verbracht
wird, sich diese im steuerrechtlich freien Verkehr im anderen Mitgliedstaat
befindet. Eine Definition fŸr den ãgewerblichen ZweckÒ findet sich in den
jeweiligen Verbrauchsteuergesetzen nicht. Insoweit gibt es keine klare
Regelung, unter die das jeweilige Vorgehen subsumiert werden kann. Zum Teil
muss eine negative Abgrenzung zum Verbringen zu privaten Zwecken erfolgen.
Teilweise wird auch die ãDefinitionÒ aus der Gewerbeordnung herangezogen,
nachdem Gewerblichkeit gegeben ist, wenn eine
ãselbststŠndige, unternehmerische, nachhaltige und mit Gewinnerzielungsabsicht
unternommene Beteiligung am allgemeinen VerkehrÒ gegeben ist. Sofern dies
vorliegt, liegt zweifelsfrei auch der ãgewerbliche ZweckÒ vor. Jedoch folgt
daraus nicht, dass bei Verneinung dieser ãDefinitionÒ ein Bezug zu privaten
Zwecken gegeben ist. So liegt ein ãBesitz zu gewerblichen ZweckenÒ auch dann
vor, wenn eine Privatperson die verbrauchsteuerpflichtige Ware in Besitz hŠlt
und auch selbst befšrdert, jedoch die Waren nicht fŸr den Eigenbedarf erworben
hat.
Die Steuer entsteht ebenfalls bei Waren, die im Weg
des Versandhandels in das Steuergebiet gelangen. Die Lieferung muss dabei
zwischen zwei Mitgliedstaaten erfolgen, wobei der VersandhŠndler seinen Sitz
nicht im gleichen Mitgliedstaat haben darf wie der EmpfŠnger. EmpfŠnger der
Ware muss eine Privatperson sein. Die Person darf weder zugelassener
Lagerinhaber noch registrierter EmpfŠnger sein, da dies nur Gewerbetreibende
sein kšnnen. ErgŠnzend ist in Art. 36 Abs. 1 RL 2008/118 ausgefŸhrt, dass die
Person keine selbststŠndige wirtschaftliche TŠtigkeit ausŸben darf.
Beim Erwerb einer verbrauchsteuerpflichtigen Ware
in einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson und Befšrderung der Ware
in das Steuergebiet sind diese Waren dem jeweilige Wortlaut der einzelnen
Verbrauchsteuergesetze ãsteuerfreiÒ. Voraussetzung ist, dass die Ware zum Eigenbedarf
erworben wird. Dabei sind gemЧ Art. 32 Abs. 2 RL 2008/118 folgend Punkte zu
beachten: handelsrechtliche Stellung und GrŸnde des Besitzers fŸr den Besitz;
Ort, an dem die Ware sich befindet, oder die Art der Befšrderung; Unterlagen
Ÿber die Ware und die Beschaffenheit oder Menge der Ware. Es werden in den
verschiedenen DurchfŸhrungsverordnungen Mengengrenzen bestimmt, bei deren
†berschreitung widerleglich vermutet wird, dass die verbrauchsteuerpflichtige
Ware zu gewerblichen Zwecken erworben wurde. Dabei stellen diese Angaben keine
Freimengen dar, da auch bei Unterschreitung der Menge ein Erwerb zu
gewerblichen Zwecken vorliegen kann. Es ist somit immer eine Frage des
Einzelfalls.
In Bezug auf das Merkmal ãEigenbedarfÒ hat der
Bundesfinanzhof (Beschl. v. 08.09.2011 – VII R 59/10) bezŸglich ¤ 20 Abs.
1 TabStG a.F. (heute ¤ 22 Abs. 1 TabStG) entschieden: ãDer Wortlaut der
Vorschrift steht der vom FG vorgenommenen Deutung nicht entgegen, nach der
verbrauchsteuerpflichtige Waren auch dann fŸr den Bedarf des privaten KŠufers
erworben werden, wenn sie aufgrund enger persšnlicher Beziehungen zu einer
anderen Privatperson dieser zum Geschenk gemacht werden sollen. Dies gilt
jedenfalls dann, wenn zwischen der Privatperson und dem Beschenkten – wie
im Streitfall – verwandtschaftliche Beziehungen bestehen. Auch wer aus
eigenem Entschluss Geschenke fŸr Familienmitglieder kauft, deckt damit seinen
eigenen Bedarf. [É] Jedenfalls lŠsst sich der [É] Regelung nicht entnehmen, die
SteuerbegŸnstigung werde nur dann gewŠhrt, wenn die Zigaretten von der
Privatperson, die sie in einem anderen Mitgliedstaat erworben hat, auch selbst
geraucht werden, so dass nur Raucher in den Genuss des Steuerprivilegs kŠmen.Ò